Auch die Ohren brauchen Luft!

Flüssigkeit im Mittelohr: HNO-Facharzt Dr. Stefan Edlinger berichtet Wichtiges über den chronischen Paukenerguss

Rund 80 Prozent aller Kinder entwickeln in den ersten sieben Lebensjahren einen sogenannten Paukenerguss. So nennt man die Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr. Ursache dafür ist ein
Belüftungsproblem, welches meistens nach einem grippalen Infekt der oberen Atemwege auftritt. Wie kommt es dazu? Eine dünne Röhre zwischen Nase und Ohr sorgt nicht nur für regelrechte Belüftung des Ohres, sondern ermöglicht uns auch den Druckausgleich zum Beispiel beim Tauchen oder Fliegen. Diese natürliche Mittelohr-Nasenrachen Verbindung wird Eustachische Röhre genannt. Bei Kindern ist sie noch kürzer als bei Erwachsenen. Die Funktion der Röhre entwickelt sich erst im Laufe der ersten Jahre. Genau deshalb sind Kinder häufiger von Belüftungsproblemen und damit auch einem Paukenerguss des Mittelohrs betroffen. Zu Beginn meist dünnflüssig, wird er in weiterer Folge zäh- und dickflüssig. Kommen nun auch noch Bakterien oder Viren ins Spiel, entsteht eine Mittelohrentzündung. Nach deren Abheilen bildet sich der Erguss typischerweise in den ersten Wochen zurück. Bei rund jedem dritten Patienten verbleibt die Flüssigkeit aber länger. Dann spricht man vom chronischen Paukenerguss.

Ursachen für den Rückstau im Mittelohr

Ausschlaggebend ist die zum Beispiel bei einer Erkältung vermehrte Schleimbildung in der Nase, dem Nasenrachen, der Ohrtrompete und dem Mittelohr. Ist der Abfluss aus dem Ohr behindert, kommt es zum Rückstau im Mittelohr. Weitere Ursachen können unter anderem Allergien, Fehlbildungen wie eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, große Druckschwankungen (z. B. Fliegen) oder eine vergrößerte Rachendachmandel sein (nicht zu verwechseln mit Polypen!). Die Erkrankung führt im Laufe der ersten Wochen zu einem Umbauprozess im Mittelohr. Dabei entstehen Zellen, die vermehrt Schleim produzieren. Hauptsymptom ist Druckgefühl. Schmerzen sind nur selten zu spüren. Der Erguss führt zu schlechterem Sprachverständnis – gerade bei Kindern besteht so die Gefahr einer gestörten Sprachentwicklung. Achtung Eltern: Betroffene Kinder reagieren nicht mehr normal auf Ansprache bzw. Geräusche! Die Folge können Verhaltensauffälligkeiten und schlechtere schulische Leistungen sein. Bereits bei Verdacht sollte daher ein Arzt aufgesucht werden. Eine Ohrmikroskopie sowie ein Test der Schwingungsfähigkeit des Trommelfells (Tympanometrie) sowie ein Hörtest sind notwendig, um Ursachen und Ausmaß der Störung heraus zu finden.

Wann der Arzt an eine Operation denken wird

Grundsätzlich sollten zunächst konservative Therapiemaßnahmen ausgeschöpft werden. Die Belüftung des Ohres kann versuchsweise mit einem Vasalva-Überdruckmanöver oder durch das Aufblasen von speziellen Luftballons mit der Nase verbessert werden. Nasensprays mit Kortison zeigten in Langzeituntersuchungen positive Effekte, wenn eine Allergie vorliegt. Unabhängig von der Behandlung sollte ein Paukenerguss regelmäßig kontrolliert werden. Besteht die Situation drei Monate nach erstmaligem Auftreten immer noch, wird der Arzt eine Operation überlegen: Ein kleiner Schnitt in das Trommelfell ermöglicht es, die Flüssigkeit im Mittelohr absaugen zu können. Ist die Rachendachmandel vergrößert und besteht eine behinderte Nasenatmung, wird diese in der gleichen Sitzung entfernt. Bei wiederholten Ergüssen sowie fehlenden Rachendachmandeln oder sehr zähem Sekret empfiehlt sich das Einsetzen eines kleinen Röhrchens in das Trommelfell. Diese Paukenröhrchen sind meist aus Kunststoff oder Titan und fallen meistens in den ersten Wochen bis Monate von selbst heraus. Mit dem Paukenröhrchen kann überdies die Belüftung des Mittelohres wieder hergestellt werden. Im Zuge eines neueren Verfahrens die Eustachische Röhre bei Bedarf über die Nase mit einem Ballonkatheter dauerhaft aufgedehnt. Das führt bei rund 50% Der Patienten zum deutlichen Abklingen der Beschwerden.

Ihr HNO – Wahlarzt in Wien – Dr. Stefan Edlinger